Heini war seit zehn Tagen in Budapest. Es war schön, wieder zu Hause zu sein; den Corso am Fluß entlangzuspazieren und zur Burg auf dem Burgberg hinaufzuschauen; die Schiffe auf ihrer Fahrt zum Schwarzen Meer vorbeigleiten zu sehen, wieder das feurige Gulasch zu schmecken, von dem die Wiener sich nur einbildeten, sie könnten es auch kochen. Hier waren eine Spritzigkeit, ein Esprit zu Hause, die in der österreichischen Hauptstadt fehlten, und die Frauen waren schöner als sonstwo auf der Welt. Für Heini allerdings waren sie keine Verlockung – er fand es nur allzu leicht, Ruth treu zu bleiben; außerdem war man besser vorsichtig, wenn man sich keine Krankheit holen wollte.
Sein Vater lebte noch in der gelben Villa auf dem Rosenhügel; die Apfelbäume im Garten standen in voller Blüte; sie nahmen ihre Mahlzeiten auf der Veranda ein, von der man auf das Grabmal des Pascha hinunterblickte und über die bewaldeten Hänge hinweg zum gotischen Filigran der Parlamentsgebäude und zu den Giebeln und Dächern von Pest.
Heini mochte seine Stiefmutter nicht; es fehlte ihr an Seele, aber er war froh, daß jemand da war, sich um seinen Vater zu kümmern, der noch immer bei der einzigen liberalen deutschen Zeitung der Stadt arbeitete.
Es machte keine besonderen Schwierigkeiten, ein Visum für Großbritannien zu bekommen. Ungarn war noch unabhängig, und es gab keinen allgemeinen Run, das Land zu verlassen; das Kontingent war noch nicht voll. Zwar würde es etwas länger dauern als erwartet – einige Wochen –, aber es gab keinerlei Anlaß zur Beunruhigung.
Am erfreulichsten fand es Heini nach seiner Rückkehr, daß es seinem alten Klavierprofessor gelang, ein Konzert für ihn zu arrangieren.
«Ich hätte gern einen wirklich großartigen Auftritt für Sie organisiert», sagte Professor Sandor und erwähnte den Vigado, den berühmten Konzertsaal, in dem Rubinstein gespielt und Brahms dirigiert hatte, «aber dazu war die Zeit zu kurz – und wer weiß, wenn Sie hier in der Musikhochschule spielen, kommt vielleicht Bartok, und das könnte für Sie eine große Chance sein.»
Heini war angemessen dankbar. Er erinnerte sich des alten Hauses mit Wärme. Schon Liszt hatte hier gelehrt, und nun konnte sich die Hochschule mit Bartok, Kodäly und Dohnányi eines Musikerdreigespanns rühmen, auf das jede Musikhochschule der Welt stolz gewesen wäre. Er sollte im großen Saal ein Solokonzert geben und die Hälfte der Einnahmen bekommen. Professor Sandor war wirklich die Hilfsbereitschaft und die Generosität in Person.
Aber die Sache hatte einen Haken. Das Konzertkomitee hatte zur Auflage gemacht, daß Heini die Sonate in sein Programm aufnahm, die die Meisterklasse des Klavierlehrgangs in diesem Jahr studierte: Beethovens schwieriges und schönes Opus 99. Heini hatte nichts dagegen einzuwenden. Er würde die Sonate allerdings vom Blatt spielen müssen – und das hieß, daß er jemanden brauchte, der ihm die Noten umblätterte.
Ja, und da kam nun gewissermaßen Sand ins Getriebe. Professor Sandor hatte nämlich eine Tochter, ebenfalls Studentin an der Hochschule, die er Heini als Hilfe empfahl.
«Sie werden sehen, daß man gut mit ihr zusammenarbeiten kann», hatte der Professor versprochen. Mali kam also zu Heinis erster Probe wie vereinbart – und es wurde eine Katastrophe.
Das Mädchen war nicht nur reizlos – ein unscheinbares Äußeres hätte ihn nicht gestört –, sondern ausgesprochen häßlich; ihre Brillengläser fingen das Licht ein und blitzten irritierend; außerdem hatte sie vorstehende Zähne. Als würde das noch nicht genügen, machte sie ihn fast wahnsinnig mit ihrer devoten Diensteifrigkeit, ihrem Bemühen, sich ja nützlich zu machen, und obwohl sie als Studentin der Hochschule natürlich Noten lesen konnte, war sie so zögerlich, hatte solche Angst davor, voreilig zu sein, daß er mehrmals am Ende des Blattes nicken mußte. Aber das schlimmste war, daß Mali schwitzte.
Heini vermißte Ruth jeden Tag, seit er in Budapest zurück war, aber in den Tagen vor dem Konzert wurde seine Sehnsucht nach ihr zu einem dauernden Schmerz. Ruth blätterte mit solcher Anmut, mit solchem Geschick die Seiten um, daß man kaum merkte, daß sie da war; sie duftete süß und zart nach Lavendelshampoo, und nicht ein einziges Mal in all den Jahren, seit sie an seiner Seite saß, hatte er nicken müssen.
Zu Heinis Kümmernissen trug ferner die Tatsache bei, daß seine Stiefmutter keine Ahnung hatte, welche inneren Spannungen der bevorstehende öffentliche Auftritt für ihn mit sich brachte. Heinis Hände waren natürlich versichert, und sie wie seine Augäpfel zu hüten, war ihm zur zweiten Natur geworden; aber ein Pianist spielte mit dem ganzen Körper, und als er über ein Kehrschäufelchen stolperte, das seine Stiefmutter auf der Treppe stehengelassen hatte, geriet er darüber ziemlich in Rage.
«Ich bin nicht pingelig», sagte er zu Marta, «aber wenn ich mir den Knöchel verstaucht hätte, könnte ich einen Monat lang das Pedal nicht betätigen.»
Bei den Bergers, deren Wohnung ihm ein zweites Zuhause geworden war, war alles so herrlich anders gewesen. Da hatte nicht nur Ruth, sondern auch ihre Mutter und das Personal ihm mit Freuden gedient; geradeso wie er mit Freuden seiner Muse, der Musik, diente.
Am Tag des Konzerts wurde Heinis Sehnsucht nach Ruth vollends zur Qual. Der Tag begann schon schlecht. Früh um neun bereits weckte ihn das durchdringende Brummen des Staubsaugers vor seiner Zimmertür, obwohl er doch am Tag eines Konzerts stets ausschlafen mußte. Als er sich beschwerte, erklärte ihm seine Stiefmutter, das Mädchen müsse mit seiner Arbeit fertig werden, und machte ihn darauf aufmerksam, daß er bereits zehn Stunden im Bett zugebracht hatte.
«Im Bett, ja, aber ich habe nicht geschlafen», entgegnete Heini bitter – doch im Grund erwartete er gar nicht, daß sie ihn verstand.
Der nächste Stolperstein des Tages war das Mittagessen. Vor einem Konzert konnte Heini niemals etwas Schweres essen, und in Wien war Ruth immer schon zeitig ins Café Museum gegangen, um einen Ecktisch zu reservieren und zu überprüfen, ob die Rinderbouillon, das einzige, was Heini an so einem Tag hinunterbrachte, wirklich klar war und die Brötchen gut durchgebacken. Marta hingegen schien zu erwarten, daß er auf Schweinsbraten mit Knödeln spielte!
Früher, als er eigentlich beabsichtigt hatte, ging Heini aus dem Haus, und auf dem Weg die elegante Váci utca hinunter sah er schon der nächsten Herausforderung ins Gesicht: Es galt, eine Blume für das Knopfloch zu kaufen. Eine Gardenie war für die Hochschule wahrscheinlich etwas übertrieben, ebenso eine Kamelie, aber eine Nelke, eine weiße Nelke, müßte genau das Richtige sein. Natürlich hatte immer Ruth ihm die Blumen besorgt – er hatte ihr einmal dabei zugesehen, wie sie voll Eifer, ihn perfekt auszustaffieren, zusammen mit der Verkäuferin nach der vollkommenen Blüte gesucht hatte.
Mutig betrat Heini nun allein das nächste Blumengeschäft und wählte mit Hilfe einer Verkäuferin eine weiße Nelke. Erst als er mit der in Zellophan verpackten Blume aus dem Laden trat, fiel ihm ein, daß er keine Nadel hatte.
Im Foyer der Hochschule erwartete ihn Professor Sandor.
«Der Besuch ist ausgezeichnet – der Saal ist fast voll. Wenn man bedenkt, daß wir keine zwei Wochen für die Reklame zur Verfügung hatten und heute abend in der Oper eine Premiere stattfindet, können wir ausgesprochen zufrieden sein.»
Heini nickte und ging ins grüne Zimmer, und da erwartete ihn Mali in einem unglaublich scheußlichen Kleid: karminroter Crêpe de Chine, der über ihrem Busen spannte und ihre hervorstehenden Schlüsselbeine enthüllte. Die knallige Farbe würde das Auge ablenken und beschäftigen. Ruth wählte immer Kleider, die mit den Hintergrundfarben des Saals verschmolzen, dezente Kleider, die ihr dennoch wunderbar zu Gesicht standen.
«Haben Sie eine Sicherheitsnadel?» fragte er, und wenigstens damit konnte Mali dienen. Sie schaffte es trotz ihrer Tolpatschigkeit und Nervosität sogar, ihm die Blume anzustecken. «Ich brauche jetzt absolute Ruhe», erklärte er dann mit Entschiedenheit und setzte sich so weit wie möglich von ihr weg.
Den Frieden, nach dem er so dringend verlangte, bekam er dennoch nicht. Mali fingerte unablässig an den Noten der Beethoven-Sonate herum, prüfte immer wieder, ob alle Seiten da waren, räusperte sich ...
Ruth wußte stets genau, wie sie ihm in diesen letzten Augenblikken vor einem Konzert oder einer Prüfung die Ruhe geben konnte, die er brauchte. Sie pflegte ein Dominospiel mitzubringen, und dann spielten sie eine Weile; oder sie saß einfach still mit gefalteten Händen da, das herrlich lohfarbene Haar mit einem Band zurückgebunden, damit es ihr nicht ins Gesicht fiel und die Zuhörer ablenkte. Ruth sorgte stets dafür, daß in der Pause frisches Zitronenwasser auf ihn wartete; er mußte nie an seine Noten denken, sie lagen immer bereit, immer in der richtigen Reihenfolge. Als er jetzt in den Spiegel sah, stellte er fest, daß seine weiße Nelke merklich schief saß.
«Fünf Minuten!» rief es von draußen.
«Mein Taschentuch!» rief Heini in plötzlicher Panik. Das weiße in der Tasche seiner Smokingjacke war natürlich da, aber das andere, das, mit dem er sich zwischendurch die Hände zu trocknen pflegte ...
Mali wurde brennend rot und sprang auf. «Entschuldigen Sie – ich wußte nicht, daß ich ...»
«Schon gut.» Er suchte das heraus, das seine Stiefmutter für ihn gewaschen hatte, aber es war Baumwolle, nicht Leinen. Die Dienstmädchen bei den Bergers hatten seine Taschentücher immer gekocht und leicht gestärkt; sie hatten stets so frisch und sauber gerochen.
Es war Zeit zu gehen. Professor Sandor schaute zur Tür herein. «Bartók ist hier!» sagte er strahlend, und Heini stand auf.
Der Applaus, mit dem er empfangen wurde, war laut und enthusiastisch. Heini Radek war aber auch ein erstaunlich gutaussehender junger Mann mit seinen dunklen Locken und dem schlanken, biegsamen Körper. So sollten Pianisten aussehen.
Heini verbeugte sich, lächelte einem Mädchen in der ersten Reihe zu, sandte einen Blick zum Balkon hinauf, nickte respektvoll in Richtung von Ungarns größtem Komponisten. Als er sich umdrehte, um sich auf dem Klavierhocker niederzulassen, sah er, daß sich Mali mit hüpfendem Adamsapfel auf ihrem Stuhl vorbeugte. Er hatte ihr immer wieder gepredigt, sie müsse zurückgelehnt bleiben, das Publikum dürfe gar nicht bemerken, daß außer ihm noch jemand auf der Bühne war, und nun fuhr sie erschrocken zurück. Unglaublich – wie konnte ein Mensch nur so täppisch sein? Und noch dazu hatte sie sich mit irgendeinem widerlich süßen Parfüm übergossen, dessen Duft sich auf ekelhafte Weise mit dem Geruch ihres Schweißes vermischte.
Aber jetzt durfte es nur noch die Musik geben. Er schloß die Augen einen Moment, um sich zu konzentrieren, dann öffnete er sie wieder und begann zu spielen.
Und Professor Sandor, der leise in die erste Reihe geschlüpft war, nickte zufrieden. Der Junge war trotz allem ungeheuer musikalisch, und die ganze Mühe, die er in die Organisation dieses Konzerts gesteckt hatte, hatte sich gelohnt.
Erst nach drei Zugaben und tosendem Applaus dachte Heini wieder an Ruth. Sie hatte immer auf ihn gewartet, ganz gleich, wo er gespielt hatte – zurückhaltend, still, aber so bezaubernd hübsch, immer in seiner Nähe, so daß er ihr zulächeln und sie an seine Seite ziehen konnte, wenn er wollte, und doch nie aufdringlich, wenn er sich seinen Bewunderern widmete, die ihm sagen wollten, wie sehr sie sein Spiel genossen hatten. Später pflegte sie mit ihm zusammen in die Rauhensteingasse zurückzukehren, wo Leonie ihn schon mit seinen Lieblingsspeisen erwartete, und dann sprachen sie über das Konzert, durchlebten noch einmal den ganzen Abend bis ins kleinste Detail, bis er sich schließlich soweit abreagiert und entspannt hatte, daß er schlafen konnte. Und wenn er zu einer Feier eingeladen war, von Leuten, die ihm eventuell nützlich sein konnten, schlich Ruth sich still und ohne ein Wort des Vorwurfs davon.
Mali hingegen wartete jetzt auf Lob und Anerkennung. Ihre Augen hinter den Brillengläsern flackerten nervös. «War es in Ordnung?» fragte sie atemlos. «Es war doch alles richtig, nicht wahr?»
«Ja, ja», sagte er und lächelte sogar, bevor er sich abwendete, um seine Bewunderer zu begrüßen und sich feiern zu lassen.
Doch in der Nacht, als er nach Hause kam, wurde ihm von neuem bewußt, wie allein er war. Daß sein Vater bis tief in die Nacht hinein in der Redaktion arbeiten würde, hatte er gewußt; aber auch seine Stiefmutter war ausgegangen. Sie hatte ihm zwar ein Briefchen hinterlassen und auf dem Herd einen Topf Gulasch, aber nie zuvor war Heini in ein leeres Haus zurückgekehrt.
Er stand draußen auf der mondbeschienenen Veranda, als sein Vater mit zwei Gläsern Wein durch die Flügeltür heraustrat. «Wie war es?»
«Ganz gut, glaube ich.»
«Ich habe über das Buschtelefon bereits positive Stimmen gehört. Du wirst es einmal weit bringen, Heini.»
Heini nahm lächelnd sein Glas entgegen. «Ruth fehlt mir», sagte er.
«Ja, das kann ich mir vorstellen», meinte sein Vater, der Ruth in Wien kennengelernt hatte. «An deiner Stelle würde ich sie schnellstens heiraten, ehe ein anderer sie dir wegschnappt.»
«Oh, das passiert bestimmt nicht. Wir gehören zusammen.»
Radek schwieg. Er sah hinunter auf die Lichter der Stadt, in der er sein ganzes Leben verbracht hatte. Er war jetzt fünfzig Jahre alt, aber er sah älter aus, und er war tief besorgt.
«Geht mit deinem Visum alles in Ordnung?»
«Soviel ich weiß, ja.»
«Ich glaube, du solltest keine Zeit versäumen, Heini. Es gefällt mir nicht, wie die Dinge sich entwickeln. Wenn Hitler gegen die Tschechen marschiert, werden die Ungarn versuchen, sich ihren Anteil an der Beute zu sichern, und das heißt, vor den Deutschen kuschen. Es gibt hier noch keine Gesetze gegen die Juden, aber sie werden kommen.» Unvermittelt fügte er hinzu: «Ich habe einen Posten in der Schweiz angenommen. Marta reist nächste Woche voraus, um uns eine Wohnung zu suchen.»
Heini blieb tief beunruhigt zurück, als sein Vater wieder ins Haus ging. Wenn sein Vater bereit war, seine Heimat zu verlassen und auf das Prestige zu verzichten, das er in Ungarn genoß, so konnte das nur bedeuten, daß wirklich Gefahr im Verzug war. Heini zog nichts nach England, dieses Land ohne Musik, dieses Land der Kälte und der Nebel, aber es schien doch ratsam, daß er sich so schnell wie möglich in das ungeliebte Land begab. Ein Trost war, daß Ruth ihn dort erwartete, Ruth, die er liebte und die er brauchte. Demütig gestand Heini sich ein, daß er Ruth viel zuwenig gewürdigt hatte. Aber das alles würde sich ändern. Nicht nur würde er Ruth ganz zu der Seinen machen, sowohl körperlich als auch geistig, er war auch bereit – ja, das stand jetzt für ihn fest –, sie zu heiraten. Mit einundzwanzig war er für einen so entscheidenden Schritt noch sehr jung, und sein Agent in Wien hatte ihm davon abgeraten. Gerade reiche ältere Damen pflegten bevorzugt junge Musiker am Beginn ihrer Karriere zu fördern, und es war nur natürlich, daß sie unverheiratete Schützlinge mit besonderer Gunst bedachten. Aber das war unwichtig. Er war bereit, dieses Opfer zu bringen.
Impulsiv lief er hinein, holte sich Papier und Bleistift, zündete die Lampe auf der Veranda an und setzte sich, um einen Brief zu schreiben. Er berichtete Ruth von dem Konzert und der Katastrophe mit Mali, er schrieb ihr in bewegenden Worten von seiner Liebe. Aber da er Ruths pragmatisches Wesen kannte, da er wußte, wie dringend sie es brauchte, helfen zu können, schrieb er ihr auch, was sie für ihn tun sollte.
«Wenn ich komme, brauche ich ein Klavier, mein Liebes», schrieb er. «Ich erwarte selbstverständlich nicht, daß Du eines kaufst – mir ist klar, daß das Geld fürs erste etwas knapp sein wird –, aber Du kannst mir doch sicher eines mieten. Ideal wäre natürlich ein Flügel, aber wenn dafür im Salon Deiner Eltern kein Platz ist, tut es auch ein einfaches Klavier. Ein Bösendorfer wäre mir das liebste, Du weißt ja, daß ich sie bevorzuge, aber ich bin natürlich auch mit einem Steinway oder einem Bechstein zufrieden; aber wenn es ein Bechstein ist, dann sollte es ein Modell 8 sein, keines der kleineren Instrumente. Stimmen läßt Du es vielleicht am besten erst am Tag vor meiner Ankunft. Ach, und Ruth, keinesfalls ein englisches Klavier, auch kein Broadwood. Ich weiß, ich kann mich auf Dich verlassen, mein Liebes. Du hast mich bisher noch nie enttäuscht, und Du wirst mich auch nicht enttäuschen.»
Als Heini den Brief unterschrieben hatte, blieb er noch eine Weile auf der Veranda und genoß den Duft, der aus dem Garten aufstieg. «Ich liebe dich, Ruth», sagte er laut und fühlte sich erhoben und befreit und gut, wie das bei Menschen der Fall ist, wenn sie sich entschieden haben. Er wäre noch länger draußen geblieben, aber das durchdringende Summen einer Mücke irgendwo über seinem Kopf irritierte ihn. Am Grundlsee hatte ihn einmal eine Mücke in den Ballen seines Zeigefingers gestochen, und der Stich hatte angefangen zu eitern. Heini eilte also ins Haus, schloß die Fenster und ging zu Bett.