2 Islat – und es wird von einer Stadt geredet

Bei Tagesanbruch saßen wir bereits im Sattel. Mehr als zwanzig Kriegerinnen waren wir, eine Streitmacht, groß genug für eine siegreiche Attacke, aber auch klein genug, um sich notfalls zu verstecken. Rilas war gekommen, um uns Lebewohl zu sagen. »Es wird ein schöner, warmer Tag werden«, sagte sie. »Mida segnet dein Vorhaben, Jalav. Wenn ich euch so ausreiten sehe, wünsche ich, ich wäre auch noch jung genug, um in den Kampf zu ziehen. Der Sieg sei mit euch, Jalav.« »Wir werden entweder mit dem Kristall zurückkommen, Rilas, oder gar nicht«, entgegnete ich.

Sie nickte und hob die Hand zum Abschiedsgruß. Ich sah noch einmal meine Kriegerinnen an, fühlte das stolze Gewicht meines Schildes am linken Arm, den glatten Schaft meines Speeres in der Rechten, dann nickte ich ihr zu, und trieb mein Gando mit dem Speer an.

Zunächst sollte es nach Bellinard gehen, weshalb wir den Weg nach Islat einschlugen. Dort wollte ich unsere Gandod in Kand umtauschen. Das Gando, obwohl ein gutes Reittier in der Schlacht, ist bekannt für sein Temperament und seine Widerspenstigkeit. Man wird es niemals innerhalb der Mauern von Städten finden.

Islat ist ein Dorf, das wesentlich größer ist als unser Lager. Es ist sicher vor uns, weil wir Handel mit ihm treiben. Zwar benötigen wir wenig für uns selbst, aber solche Dinge wie Tücher in den Stammesfarben, Kerzen, Pfeilspitzen und Messer beziehen wir von dort. Dafür liefern wir die Pelze der wilden Tiere, die in den Dörfern und Städten sehr begehrt sind. Es war weithin bekannt, daß Islat unter dem Schutz der Hosta stand. So hatten wir nur einmal einen Überfall rächen müssen. Eine kleine, wilde Bande von Harra hatte sich Männer von Islat geraubt. Es war nicht schwierig gewesen, sie aufzustöbern. Die sechs Harra wurden den übriggebliebenen Männern von Islat ausgeliefert. Dies war vor meiner Zeit, so daß ich nicht weiß, wie sich ihr weiteres Schicksal gestaltete. Tatsache ist, daß Islat seit dieser Zeit nie wieder überfallen wurde.

Mida stand hoch am Himmel, als wir Islat erreichten. Es liegt am Ufer des Dennin, der von Westen nach Osten durch das Gebiet der Hosta fließt. Dieser Fluß mußte später durchquert werden, wobei Brauch war, die Stirn mit seinem Wasser zu benetzen. Manche von uns glauben, daß sein Wasser blutende Wunden stillt.

Die Männer von Islat kamen aus ihren niedrigen Hütten und glotzten uns zusammen mit ihren Sklavinnen an, als wir durch das Dorf zur Hütte des Schulzen ritten. Waren die Hosta nicht erst am Tag zuvor zum Handel hiergewesen? Aber ihre Schilde und Speere verrieten, daß etwas Großes bevorstand. Die Sklavinnen wurden mit den Kindern in die Hütten geschickt, und die Männer begleiteten uns in achtungsvollem Abstand.

Maranu, der Dorfschulze, erwartete uns vor dem Eingang seiner Hütte. Er führte das Dorf nun schon viele Kalod und war merkwürdigerweise trotz seiner nachlassenden Kräfte noch immer Schulze geblieben. Vermutlich kam das daher, daß man keine Kämpfe zu führen hatte. Die Jugend meiner Kriegerinnen schützte das Alter in seinem Dorf. »Wir Leute von Islat heißen euch willkommen«, sagte er in einem Ton, der weder Freundschaft noch Feindschaft verriet. »Können wir euch zu Diensten sein?«

»Das könnt ihr«, erwiderte ich. »Die Kriegerinnen der Hosta reiten in die Schlacht, deshalb benötigen wir einige Kand.« »Wir fühlen uns geehrt, Handel mit den Hosta treiben zu können.« Er lächelte erleichtert, und auch den anderen Männern ringsum schien ein Stein vom Herzen zu fallen. »Würde Jalav mir die Freude machen, die Wärme meiner kargen Hütte zu genießen?«

Ich hatte es eilig, aber es wäre unhöflich gewesen, das Angebot zurückzuweisen. »Maranu ist wie immer sehr freundlich«, antwortete ich deshalb und übergab Larid, die neben mir ritt, Schild und Speer. »Ich bin erfreut, die Wärme seines Heimes genießen zu dürfen.«

Ich stieg ab und ging voraus in seine Hütte. Niemals sonst würde ich jemanden, der nicht von meinem Stamm ist, erlauben, hinter mir zu gehen, aber die Sitte in Islat erforderte dies. Um des lieben Friedens willen mußte ich ihr folgen. Die Hütte bestand aus roh behauenen Balken und war innen in mehrere Räume unterteilt. Zunächst betrat man einen Raum, in dem ein großes offenes Feuer brannte. Überall standen Töpfe und Krüge der verschiedensten Größen, mit Nahrungsmitteln und Getränken gefüllt. Ich ging zu einem breiten Podest, das sich unter einem Fenster befand, und ließ mich davor auf den schmutzigen Boden nieder, da ich wußte, daß man dies von mir erwartete.

Maranu ließ sich ebenfalls nieder und befahl dann seiner Sklavin : »Bring Daru für meinen Gast und mich, Yereh. Dies ist ein Handel, der besprochen werden muß.« Gehorsam brachte das Weib einen großen Topf mit Daru herbei. Sie trug ein Gewand, das sie ganz verhüllte, während Maranu selbst nur einen Lendenschurz trug, eine Bequemlichkeit, die die Dorfbewohner ihren Frauen nicht gestatteten. Ich trank höflich von dem Daru, obwohl er nicht so stark gebraut war, wie wir Hosta es gewöhnt sind. Wider Erwarten entfernte sich die Sklavin nicht, sondern blieb unruhig vor uns stehen. »Maranu, nicht schon wieder«, flüsterte sie. »Bitte, nicht schon wieder.«

»Yereh, Jalav ist unser Gast«, entgegnete Maranu freundlich. »Der Handel wird nur kurz sein, denn die Hosta reiten in den Krieg.« Sie kniete sich an seiner Seite nieder und umarmte ihn. »Maranu, sie ist die Anführerin. Hat man dich noch nicht genug beschämt? Mußt du auch dies noch erdulden?« »Meine liebe Yereh.« Maranu strich tröstend über ihr Haar. »Der Handel wird bald erledigt sein, und dann gehöre ich wieder dir alleine. Bitte, verlasse uns jetzt.« Yereh umarmte ihn noch einen Moment, dann verschwand sie hinter einem Vorhang zum Nebenraum. »Verzeih, Jalav«, sagte Maranu. »Sie hat sich nie an die Gebräuche des Handels gewöhnt. Wieviel Kand benötigst du ? »Sie hat mich als Anführerin erkannt«, sagte ich. »Wieso weiß sie, daß wir in den Krieg reiten?«

»Sie muß dein Schild erkannt haben, bevor du hereinkamst«, entgegnete Maranu. »Fünf Lengapelze für fünf Kand.« Ich lächelte. »Ist das nicht ein bißchen viel verlangt? Ein Lengapelz und sechs frisch getötete Milnod.« »Wir haben genug Fleisch Vorräte«, sagte er. »Vier Pelze.« »Zwei Pelze«, entgegnete ich, »und die Milnods behalten wir als Nahrung für die Reise. Von welcher Scham hat deine Sklavin gesprochen?«

»Sie ist keine Sklavin«, fuhr er auf, dann senkte er wieder seinen Blick und sagte: »Drei Pelze, und der Handel ist perfekt. Unsere Kand sind vorzüglich.«

Wieder störte mich mein Unvermögen, die Männer zu verstehen. Einen Moment lang hatte es den Anschein gehabt, daß Maranu, hätte er eine Waffe besessen, diese gezogen hätte. Sein Ärger schien völlig grundlos. Ich wollte wissen, warum. »Maranu«, sagte ich, »ich hatte nicht die Absicht, dich zu beleidigen. Ich wollte nur wissen, warum sie von Scham sprach.«

Er trank seinen Daru mit einem Zug aus, dann sagte er abrupt: »Nun gut, ich werde es dir sagen, aber ich muß dich daran erinnern, daß ich nicht zuerst davon gesprochen habe. Ich werde immer beschämt, wenn ich mit den Hosta handeln muß, denn mit meinen Waren wird mir auch mein männlicher Stolz genommen. Jedesmal, wenn die Hosta kommen, fordern sie meinen und den Körper meiner Männer, würden wir uns weigern, müßten unsere Frauen und Kinder es büßen. Wir sind aber Männer, Jalav, und wir schätzen es nicht, von Frauen mißbraucht zu werden.«

Ich mußte eine Weile darüber nachdenken. Warum liebten die Männer von Islat es nicht, von den Hosta gebraucht zu werden ? Alle hatten doch Sklavinnen, also konnte der Akt ihnen doch nicht fremd sein.

»Benehmen die Hosta sich häßlich gegenüber den Männern von Islat?« fragte ich. »Fühlt ihr euch von ihnen abgestoßen?«

»Nein, nein.« Er lachte verwundert. »Die Hosta sind alles andere als häßlich, und die Männer von Islat haben großes Verlangen nach ihnen, wenn sie sie ansehen. Aber es ist nicht nur eine Frage des Verlangens. Es ist mehr...« Er unterbrach sich, suchte nach den richtigen Worten, dann lächelte er und schüttelte den Kopf. »Du bist noch sehr jung, Anführerin der Hosta«, sagte er höflich. »Vielleicht wirst du die Männer verstehen, wenn du älter bist. Drei Lengapelze, und wir sind einig.«

»Zwei Lengapelze«, sagte ich. Ich fühlte mich gar nicht jünger als er. Auch ich mußte für meinen Stamm einstehen. Keine seiner Anführerinnen hatte bisher so lange gelebt wie Maranu. »Zahlbar, wenn wir die Kand wieder abliefern.« »Oh«, sagte er, »die Kand werden wieder zurückgegeben? Dann sind sie also nicht für den Krieg bestimmt.« Er überlegte kurz, dann sagte er: »Einverstanden. Zwei Lengapelze, wenn die Kand zurückgegeben werden.« Wir besiegelten den Handel, indem wir auf die Rücken unserer rechten Hand spuckten und sie gegeneinander rieben. Maranus Faust war größer als meine, wohlgeformt zum Halten einer Waffe, was so selten vorkam. Wenn Verständnis allein eine Frage des Alters war, dann würde ich schon lange an der Seite von Mida sitzen, bevor ich ihn verstehen würde. Maranu zog seine Faust zurück, dann stand er auf. »Der Handel ist abgeschlossen«, sagte er mit einem merkwürdigen Blick, »jetzt bleibt nur noch eins zu tun. Es würde mich nicht so sehr beschämen, wenn du nicht die Anführerin wärst, Jalav. Komm zur Matte, ich werde gleich bereit sein.« Er ging zu einer gewobenen Matte, die vor dem Feuer lag, während ich sitzen blieb. In der Tat schien ihn der Gedanke an meine Berührung nicht zu beschämen, dennoch konnte ich ihn verstehen. Eine Kriegerin der Midanna kann von einem Mann empfangen oder auch nicht, ganz wie sie es will, aber einer Anführerin ist es verboten. Sie kann einen Mann nur benutzen, und dies schien Maranu nicht zu gefallen. Seine Frau hatte sofort gewußt, daß er benutzt werden würde, und jeder, der Augen hatte zu sehen, konnte merken, daß sie damit nicht einverstanden war. Obwohl ich ihre Gefühle nicht ganz verstand, war ich selbst nicht ohne Gefühle. Maranu war kein Sthuvad, den man zur vorübergehenden Befriedigung benutzte. Ich sah keinen Sinn darin, einen Brauch zu bewahren, der den Schulzen des Dorfes in seiner eigenen Hütte beleidigen würde. Deswegen erhob ich mich und sagte nur: »Ich danke dir für dein Anerbieten, Maranu, aber leider muß ich es ablehnen. Wir haben noch eine weite Reise vor uns und sind in Eile. Vielleicht werde ich ein andermal davon Gebrauch machen, sofern Mida mir im Kampf beisteht.«

Maranu band langsam seinen Schurz wieder um und sah mich so schmerzerfüllt an, daß ich glaubte, ihn beleidigt zu haben und dicht davor stand, den Fehler wieder gutzumachen. »Jalav«, sagte er, kam und legte seine Hände auf meine Schultern, »du bist tatsächlich die Edelste unter den Hosta. Und doch bist du noch so jung.« Er seufzte tief. »Sollte dir deine Mida nicht beistehen, würde ich den Verlust besonders schmerzlich fühlen. Wärst du meine Tochter, würde ich dafür sorgen, daß du sicher an der Seite eines Mannes meiner Wahl leben würdest. «

Ich machte einen Schritt zurück. »Maranu sollte sich daran erinnern, daß ich Gast in seiner Hütte bin«, sagte ich erregt. »Nur ein Dummkopf fordert einen Gast zum Blutvergießen heraus!« Maranu schien einen Augenblick lang verwirrt, dann lachte er herzlich. »Ich bitte dich um Verzeihung, Anführerin der Hosta«, sagte er. »Ich hatte nicht die Absicht, dich zu beleidigen. Sicher gibt es keinen Mann, mit dem du dich auf Dauer paaren möchtest. Ich werde die Kand persönlich für dich auswählen und bitte dich, so lange mit meinem Heim vorliebzunehmen.« Er entfernte sich mit einer kleinen Verbeugung. Ich sah ihm nach, überzeugt, daß er sich irgendwie lustig über mich gemacht hatte. Seine Worte klangen entschuldigend, aber sein Benehmen war...

»Anführerin«, klang es vom Eingang zu dem anderen Raum. Yereh stand dort und lächelte äußerst liebenswürdig. »Anführerin, ich danke dir, daß du auf den Stolz meines Mannes Rücksicht genommen hast. Die Geste war unbedeutend und doch würdig einer großen Kriegerin. Möge Midas Segen mit dir sein.«

»Du sprichst wie eine Midanna«, sagte ich nachdenklich, »und doch kann es nicht sein.«

Sie errötete leicht und senkte den Blick. »Ich war eine Midanna«, flüsterte sie verlegen. Ihre Hand faßte dorthin, wo ihr Amulett sein würde. »Ich war eine Harra, wurde aber von den Hosta wegen eines Überfalls gefangen und diesem Dorf übergeben. Jetzt lebe ich hier schon viele Kalod, habe aber die Bräuche der Midanna nicht vergessen.« »Und warum bleibst du hier?« fragte ich, überrascht darüber, daß sie eine Kriegerin gewesen war, denn sie unterschied sich in keiner Weise mehr von den anderen Sklavinnen des Dorfes. Allerdings erinnerte ich mich jetzt daran, daß sie mich an meinem zweiten Silberring sofort als Anführerin erkannt hatte.

»Zunächst blieb ich hier, weil Maranu mir mein Amulett nicht zurückgab.« Sie lächelte, scheinbar belustigt über ein solch grausames Schicksal. »Zwar schlug er mich, wenn ich ihm nicht gehorchte, aber ohne Amulett konnte ich nicht zu den Harra zurückkehren. Lange wartete ich auf eine Gelegenheit, es wiederzuerlangen. Endlich gelang es mir. Aber dann entdeckte ich, daß Maranu auch mein Herz gefangenhielt, und ich konnte nicht mehr fliehen. Er schlug mich heftig, als er herausfand, daß ich ihm mein Amulett entwendet hatte, aber seit diesem Tag schlug er mich nie wieder. Ich werde bei ihm bleiben, bis zu dem Tag, an dem mich Mida ruft.« »Ich kann nicht verstehen, daß Mida das gestattet«, sagte ich, entsetzt darüber, daß eine Kriegerin nicht zu ihrem Stamm zurückkehrte, als sie die Gelegenheit dazu hatte. » Du wirst Mida beleidigt haben.«

Sie nickte. »Vielleicht. Es gibt aber auch eine andere Möglichkeit. Vielleicht ist Mida besonders zufrieden mit mir. Ich werde sie fragen, wenn ich vor ihrem Thron stehe.« »Du hast deine Frage an die Richtige gestellt«, sagte ich, denn ich war froh, daß nicht ich die Entscheidung zu treffen hatte. Die Gerüche und die abgestandene Luft in der Hütte machten mir zu schaffen, deshalb ging ich hinaus zu meinen Kriegerinnen. Die Männer des Dorfes standen noch immer draußen herum und beglotzten meine Kriegerinnen, wobei sie nach Möglichkeit vermieden, ihnen in die Augen zu sehen. Meine Kriegerinnen warteten geduldig, wobei einige von ihnen die Männer musterten, andere ungeduldig den Tag älter werden sahen. Auch ich war ungeduldig, deshalb ritt ich mit den Kriegerinnen zu dem Pferch, in dem sich die Kand des Dorfes befanden. Maranu hatte inzwischen mit zwei anderen Männern fünf Tiere an einer langen Leine zusammengebunden. Sie scheuten leicht, als eine der Kriegerinnen auf ihrem Gando die Leine übernahm, ließen sich dann aber willig führen.

Wir warfen Maranu die Pelze vor die Füße. Seine Männer hoben sie schnell auf. Sie schimmerten golden im Licht der Mida. Die Bewohner der Dörfer sind sehr gierig auf solche Pelze und verstehen es nicht, warum die Hosta sich nichts aus ihnen machen. Aber es würde eine Beleidigung für den Lenga, den tapferen Kämpfer aus den Wäldern, sein, seinen Pelz zu tragen. Maranu untersuchte die Pelze und lächelte zufrieden. »Ein Pärchen«, sagte er. »Diese zwei sind so wertvoll wie drei. Selbst wenn du die Kand nicht zurückbringst, gilt der Handel.« Ich entgegnete: »Es freut mich, daß du mit dem Handel zufrieden bist. Mida schütze dich und deine Leute bis zu unserer Rückkehr.« Dann hob ich die Hand zum Abschiedsgruß und wir preschten davon. Die zwei Männer, die Maranu geholfen hatten, die Reittiere zusammenzutreiben, schienen meine Worte zu überraschen. Obwohl die Hosta oft zu einem Kampf ausritten, hatten sie Islat bisher noch nie ungeschützt gelassen. Sollte es jetzt notwendig werden, mußten sie sich selbst verteidigen. Dieser Gedanke schien den Männern nicht zu gefallen.

Gegen Mittag erreichten wir die Furt. Wir wollten in vier Gruppen übersetzen. Die erste Gruppe war die gefährdetste, denn wenn der Feind uns am anderen Ufer erwartete, konnte er sie mit seinen Pfeilen niederschießen, bevor sie Gelegenheit hatten, selbst zum Angriff überzugehen. Deswegen spannten wir unsere Bögen, als ich mit der ersten Gruppe auf das Wasser zuritt.

Das Wasser des Flusses war warm und trotzdem erfrischend. Wir überquerten auf unseren Gandod den Fluß, die Schilder schützend vorgehalten, die Speere griffbereit in Wasserhöhe, und aufmerksam das gegenüberliegende Ufer beobachtend. In der Mitte des Flusses erfrischten wir uns kurz. Sobald wir das jenseitige Ufer erreicht hatten, begann die zweite Gruppe mit der Überquerung. Wir gaben ihr Deckung. Die Kand folgten mit der dritten Gruppe. Nachdem auch die letzte Gruppe wohlbehalten angekommen war, ließen wir uns zum Essen nieder.

Nilnod schmecken sowohl roh wie gebraten. Auf dem Kriegspfad benutzen die Midanna weder ein Zelt noch ein Feuer, also aßen wir ihr Fleisch roh und fütterten auch die Gandod damit. Nur die Kand fraßen Gras, und das ängstlich und ohne großen Appetit. Kand sind furchtsame Tiere, und ich hatte die Befürchtung, daß sie uns eingehen würden, bevor wir Bellinard erreichten. Also befahl ich fünf meiner Kriegerinnen, mit ihnen vorauszureiten, um ihnen die Witterung der Gandod zu ersparen. Das Land, durch das wir ritten, war uns unbekannt. Die Tage waren so warm wie bei uns, aber die Nächte waren kälter. Wir durchquerten menschenleere Wälder, nur bevölkert von wilden Tieren. Wir lachten viel auf diesem Ritt, obwohl viele von uns vielleicht nicht zurückkehren würden. Aber wir fühlten uns frei und glücklich.

In der Nacht des elften Tages wollten wir uns gerade auf unseren Schlafledern ausstrecken, als die Kriegerinnen, die die Vorhut auf den Kand ablösen sollten, eilig zurückgeritten kamen. »Anführerin«, keuchte die erste, die uns erreichte, »unsere Kriegerinnen sind gefangengenommen worden – von Männern!«

»Wie viele?« fragte ich.

»Vier Handvoll konnte ich zählen. Sie ließen sich vor unseren Augen aus den Bäumen fallen. Es hatte keinen Zweck, mit ihnen zu kämpfen, nachdem sie die anderen Kriegerinnen bereits gefangengenommen hatten.«

»Eine kluge Entscheidung«, sagte ich. »Sollte es sich um diejenigen handeln, die den Kristall geraubt haben, werden wir keinen von ihnen entkommen lassen. Zwei Gruppen werden genügen, um mit ihnen fertig zu werden. Gruppe eins und vier reiten mit mir, Gruppe zwei und drei bleiben hier. Sage den anderen Bescheid.«

Sie nickte unglücklich, dann führte sie meinen Befehl aus. Zu ihrem Leidwesen gehörte sie nicht zu den Gruppen, die mit mir gehen durften. In kurzer Zeit brachen wir auf, angeführt von einer anderen Kriegerin aus der ablösenden Gruppe. Leise und schnell bewegten wir uns im Licht des Eingangs zu Midas Königreich. Aufmerksam hielten wir nach Wachen Ausschau, konnten aber keine entdecken.

Bald erreichten wir die Lichtung, wo sie lagerten. Es waren tatsächlich viermal fünf Männer. Alle waren in Gewänder gehüllt, die bis zu den Oberschenkeln reichen, so wie sie von den Bewohnern der Städte getragen werden. Meine Kriegerinnen grinsten freudig, denn noch niemals hatten wir so viele Männer gefangengenommen. Sie würden mächtig viel Spaß haben, wenn es sich nicht um die Diebe des Kristalls handelte.

Die Männer standen zwischen zwei Feuern. In der Mitte lagen gefesselt unsere Kriegerinnen. Als wir näherkamen, hörten wir die Männer lachen. »Ein feiner Fang«, sagte einer und näherte sich einer der Kriegerinnen, die vergeblich versuchte, sich von ihren Fesseln zu befreien.

»Mach dich nicht vorzeitig müde, meine Süße«, kicherte er. »Du wirst deine Kräfte noch für bessere Dinge brauchen. Zuvor frage ich aber noch einmal, und diesmal erwarte ich eine Antwort: Warum treibt ihr euch alleine in diesen Wäldern herum? Von woher kommt ihr und was wollt ihr hier?« Meine Kriegerin blickte ihn starr an, ohne zu antworten. Das hätte mich auch überrascht. Der schrille Schrei eines Lellin verriet mir, daß das Lager inzwischen umzingelt war, also trat ich auf die Lichtung hinaus. »Du irrst dich, mein Freund«, sagte ich, »sie sind nicht alleine.«

Die Männer wandten sich überrascht um und griffen nach ihren Schwertern, ließen sie aber wieder fahren, als sie die auf sie angelegten Bogen erblickten. Sie sahen den Mann an, der meine Kriegerin befragt hatte. Als er säuerlich nickte, warfen sie ihre Waffen fort. Zwei meiner Kriegerinnen fesselten sie, dann befreiten wir unsere Gefährtinnen. »Ihr hattet einen guten Grund, zu schweigen«, bemerkte der Anführer. »Dürfen wir aber nun den Grund erfahren, warum sich so viele hübsche Mädchen hier in den Wäldern herumtreiben?«

Meine Kriegerinnen lächelten und sahen mich an. Auch der Gefangene blickte zu mir herüber. Er war schwarzhaarig, hatte aber helle Augen. Das Haar trug er, wie seine Gefährten, kurz geschoren. Daran ist eindeutig zu erkennen, daß die Bewohner der Städte keine Seelen haben.

»Wir sind auf dem Weg nach Bellinard«, sagte ich. »Ist es noch weit von hier?«

»Etwa ein Drei-Tage-Ritt in nordwestlicher Richtung«, entgegnete er. »Wir sind Jäger aus Bellinard, meine Schöne, und möchten euch warnen, daß diese Wälder nicht sicher sind. Für unseren Leichtsinn, keine Wachen aufzustellen, sind wir ausreichend bestraft worden. Aber nun solltet ihr uns wieder losbinden, damit wir für unsere und eure Sicherheit sorgen können. Ich würde es nicht gerne sehen, daß euch die wilden Bestien zerreißen, während wir hier gefesselt liegen.« Ich mußte über seine Worte lachen. Er versuchte doch tatsächlich, uns Angst vor dem Wald einzujagen. Vermutlich verwechselte er uns mit den furchtsamen Weibern aus seiner Stadt. Inzwischen hatten meine Kriegerinnen die Sachen der Gefangenen durchsucht. Der Kristall war nicht darunter, was mich nicht überraschte. Die Kristallräuber hätten uns zu gut gekannt, um noch nach dem Zweck unserer Anwesenheit zu fragen. Diese Männer hier waren unschuldig. Das bedeutete aber auch, daß wir sie nach Belieben nehmen konnten. »Genug nun mit dem Unsinn«, schnaubte ihr Anführer. »Ihr habt euren Spaß gehabt, nun laßt uns augenblicklich frei und gebt uns unsere Waffen zurück!«

Er sah mich böse an, aber hinter seinem Blick konnte ich das Verlangen nach mir spüren. Ich legte meinen Schwertgürtel ab und beugte mich zu ihm nieder, dann legte ich meine Hand auf seinen Umhang.

»Ist dein Körper wirklich so häßlich, daß du ihn verbergen mußt?« fragte ich und streichelte ihn sanft. »Vermutlich wäre es besser, wenn du dies ablegen würdest.« Er war so erstaunt, daß er das leise Lachen meiner Kriegerinnen nicht zu bemerken schien. Seine Augen weiteten sich, dann lächelte er gierig und sagte heiser: »Das habe ich nicht erwartet. Nimm mir schnell die Fesseln ab, Mädchen, und folge mir ins Dunkel, dann will ich gerne mein Gewand für dich ablegen. Du wirst es nicht bereuen.«

»Aber ich bevorzuge das Licht«, entgegnete ich, »und ich werde dich auf der Stelle von deinem Gewand befreien.« Dabei zog ich meinen Dolch.

Ängstlich rollte er sich zur Seite und rief: »Nein! Es gibt keinen Grund dafür. Ich habe mich dir nicht verweigert.« »Und das wirst du auch nicht«, sagte ich. Mit meinem Dolch schlitzte ich sein Gewand auf und riß es fort. Meine Kriegerinnen stöhnten begeistert auf, als sie seinen nackten, muskulösen Körper erblickten. Ich befestigte den Dolch wieder in den Beinschlaufen, dann legte ich beide Hände auf seinen Körper. »Vielleicht ist dir etwas kühl«, sagte ich. »Aber das wird sich gleich ändern.«

Ich preßte meine Lippen auf seinen festen Bauch, dann bewegte ich sie seitwärts. Der Gefangene begann leise zu stöhnen, aber er war nicht der einzige, der stöhnte. Einige seiner Männer hatten sich aufgerichtet, um das Schauspiel besser verfolgen zu können. »Nein!« protestierte er schwach und wand sich unter mir. »Laß mich frei, dann werde ich dich befriedigen. Das schwöre ich dir!«

»Hast du kein Interesse an mir in deiner Lage?« fragte ich und bestieg ihn wie ein Reittier. Ich beugte mich vor, daß meine Brustwarzen seine behaarte Brust kitzelten. »Soll ich mir lieber einen deiner Männer aussuchen? Welchen schlägst du vor?« »Mich«, schrie einer der Gefangenen. »Komm zu mir, Mädchen ! Ich werde dich nicht enttäuschen.« Ich sah den Gefangenen unter mir an und beugte mich noch weiter hinunter, so daß meine Haare auf ihn fielen. »Wie ich sehe, bist du nicht daran interessiert, mir zu Gefallen zu sein«, sagte ich. »Dann muß ich mir doch einen deiner Gefährten nehmen und dich in der Kälte allein lassen.« Ich tat so, als wollte ich ihn verlassen. Er geriet außer Atem und machte große Augen. »Nein«, keuchte er, »bleib hier!« »Ach, du willst, daß ich bei dir bleibe?« sagte ich. »Dann mußt du mich aber sehr freundlich bitten.«

Tief in seiner Kehle grollte es. Er biß die Zähne zusammen und versuchte erneut, sich zu befreien. Aber er war zu fachmännisch gefesselt worden. Wieder tat ich so, als wollte ich ihn verlassen.

»Nein!« japste er. »Bitte – bitte bleib bei mir.« »Also willst du, daß ich dich nehme?« fragte ich liebenswürdig. Ein verzweifelter Laut entfuhr seiner Kehle, dann flüsterte er: »Nimm mich!« Ein Raunen erhob sich unter seinen Gefährten. Ich lächelte und nahm Besitz von ihm. Er bewegte sich heftig,als wolle er Gebrauch von mir machen. Das konnte ich aber nicht erlauben. Er hatte mich gebeten, Gebrauch von ihm zu machen, und das tat ich dann auch. Er hatte mehrere Orgasmen und sein befriedigtes Grunzen wurde nur übertönt von den entzückten Lauten, die meine zuschauenden Kriegerinnen ausstießen. Endlich hatte ich genug. Ich stieg ab und befestigte wieder meinen Schwertgurt.

Zu Larid sagte ich: »Benutzt die anderen, so oft es geht. Wenn sie nicht mehr können, gebt ihnen die Droge, damit keine von uns zu kurz kommt. Denkt aber daran, daß wir noch drei Tagesritte bis Bellinard vor uns haben.« Meine Kriegerinnen kreischten vor Vergnügen, dann wandten sie sich den Gefangenen zu. Bald waren alle eifrig beschäftigt. Jene Kriegerin, die von dem Anführer der Männer befragt worden war, nahm sich diesen vor. Er wollte protestieren, wurde aber nicht mehr gefragt, ob er benutzt werden wollte. Eine Kriegerin nimmt sich die Männer, ohne zu fragen. Ich ließ eine Wache aufstellen und ritt dann in unser Lager zurück. Dort wurde meine Botschaft von den Männern, die zu unserer Verfügung standen, jubelnd begrüßt. Ich traf noch einige Anordnungen, dann schnitt ich mir eine gute Scheibe Milno ab und begab mich auf mein Schlafleder. Ein kräftiger Schluck Daru hätte mir wohler getan, aber die Hosta verzichten auf Daru, wenn sie sich auf dem Kriegspfad befinden. Der scharfe männliche Geruch des Gefangenen lag noch immer auf meiner Haut. Ich genoß ihn, bis ich einschlief.

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