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Er schlief. Den Schlaf eines erschöpften, an Leib und Seele gesättigten und seligen Mannes.

Ich war noch wach, meine Augen auf ihn gerichtet, als könnte ich ihn sehen in der Dunkelheit. Mich versichern, dass er da war, bei mir.

Als läge nicht sein Arm wie ein gefällter Baum auf meinen Rippen; ein Gewicht, das mich nur flach atmen ließ und von dem ich mich dennoch nicht befreien wollte. Als wäre ich nicht umgeben von der Hitze, die sein Körper abstrahlte, und spürte nicht, wie seine Brust sich unter meiner Wange hob und senkte, das dichte Haar darauf nicht weich, nicht kratzig, sondern irgendetwas dazwischen. Weicher jedenfalls als die Bartstoppeln, die auf Kinn und Wangen zu sprießen begonnen hatten und im Sonnenlicht des Tages wie Kupfer glänzten.

Fortune. Xingyun.

Dieser fremde Barbar, der letztlich einfach ein Mann war.

Ein Mann, der mich mit seiner Güte angelockt und mir mit seinen Blumen das Herz gestohlen hatte. Der zärtlich sein konnte und dann doch in eine unvermutete Wildheit ausbrach, die mich in ihrer Unschuld seltsam berührte. Mit einer Wucht, einer Gewalt, die meiner entgegengesetzt war und ihr doch entsprach.

Ich hatte zu wissen geglaubt, wie es war, zwischen Mann und Frau. Ich hatte es geliebt, damals mit Yun, es ausgekostet und seither manchmal vermisst. Aber ich hatte nicht gewusst, dass die Erfüllung sein konnte wie eine Lotosblüte, die sich in meinem Innern öffnete, in den Farben eines Regenbogens glühte und pulsierte. Bevor sie dann langsam wieder verlosch, aber kostbare Samenkörnchen zurückließ; sirrende Fünkchen, überall im Leib, in den Gliedern, bis in die Fingerspitzen und Zehen hinein. Bis auf den Grund der Seele hinunter.

Ich schlang den Arm um Fortune, drückte das Gesicht fester an seine Brust. Trank seinen Geruch, der so fremd war, so vertraut. Wie ein dunkler Wald voll alter, hoher Bäume und wie die regenfeuchte Erde, in denen sie wurzelten. Durchmischt mit dem Schweiß, den wir vergossen hatten. Mit dem Salzwasser seines Yang. Dem Süßwasser meines Yin.

Ich spürte, wie etwas an mir zupfte und zog, irgendwo in meiner Brust, in der Gegend meines Herzens. Vielleicht gab es ihn doch, diesen roten Faden, der zwei Seelen von Geburt an miteinander verband. Falls dem so war – dann war ich froh, ihm gefolgt zu sein.

Bevor ich an Fortune geschmiegt einschlief, fragte ich mich wie alle närrischen Liebenden, ob das Spiel von Wolken und Regen nicht eigens für uns beide in die Welt gekommen war.

Es musste so sein, in dieser Nacht zwischen Himmel und Erde.

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